RhizomiA besteht aus einem Wohnprojekt und einem offen Bereich. Die klar erkennbare Grenze zwischen den beiden Teilen ist eine bewusste Entscheidung und steht im Widerspruch zu unserem Wunsch nach einer Welt ohne Zäune.
Dieser alte und nie aufzulösenden Widerspruch von Wohnzimmer und Freiraum hat uns in den Vorgesprächen zu dieser Projektgründung heiße Debatten beschert. Ein paar der Ergebnisse sollen hier kurz vorgestellt werden. Denn wir wollen versuchen nicht wieder in die gleichen Fallen zu tappen , die wir uns immer wieder selber stellen. Eine unserer Ideen war mehr Einblick in unsere Entscheidungen zu geben. Wie sie entstanden sind und welche Motivation dahinter steckt.
Dieser Text ist aus der Perspektive der Projektgründer*innen geschrieben. Diese sind zum momentanen Zeitpunkt alle auch Bewohnis. Deswegen ist das „wir“ oft ein wir der Bewohnis aber das soll es nicht bleiben.
Die Sehnsucht nach einem Wohnzimmer steckt vermutlich in vielen von uns. Das ist ein Ort wo wir unsere Freunde treffen. Hier tanken wir auf, finden Schutz und eine Schulter zum anlehnen und ausheulen. Es ist aber auch ein Ort wo wir feiern und streiten. Diesen Raum teilen wir mit Leuten die ähnliche Erfahrungen und Bedürfnisse haben. Wo wir auch schon beim Knackpunkt wären. Das Bedürfnis nach einem Wohnzimmer-Schutzraum schließt Leute aus. Das ist nicht immer leicht einzugestehen.
Konflikte bis hin zu Ausschluss entstehen wenn sich Bedürfnisse widersprechen. Die Widersprüche können in Sachen wie laute Musik, Essen, Alkohol, Konfliktumgang und und und auftauchen. Wir haben im Vorfeld versucht über unsere Bedürfnisse zu sprechen. Dabei haben wir gemerkt, dass unser Experiment des Zusammenlebens ein Aushandlungsprozess ist in dem alle ihre Bedürfnisse äußern. Dann wird versucht die Widersprüche die dabei zu Tage kommen zu bearbeiten. Diese können durch Eingeständnisse aufgelöst werden oder müssen in ihrer Widersprüchlichkeit gelebt werden. Das haben wir versucht und dabei ein paar Sachen für uns abgesteckt. Vor allem wollen wir versuchen achtsam miteinander umzugehen. Aber auch praktische Dinge wie zum Beispiel eine vegane Küche oder die Organisation über regelmäßige Treffen konnten wir für uns ausmachen. Diese Vereinbarungen sollen aber verhandelbar sein. Das ist auch bei sich ändernden Bedürfnissen eine logische Konsequenz.
Dabei haben wir auch gemerkt, dass wir erst mal keine weiteren Menschen in unser Wohnkollektiv aufnehmen können. Das liegt daran, dass es es manchen nicht leicht fällt sich so intensiv, wie gerade, auf neue Personen einzulassen. Dieser Umstand ist nicht starr, sondern soll weiterhin besprochen und im Austausch miteinander aufgehoben werden.
Das sind freie Vereinbarungen die wir getroffen haben. In unserem Wohnzimmer wollen wir uns daran halten und fordern das auch von anderen die sich darin aufhalten. Mit Sicherheit gibt es Leute die sich daran nicht halten können oder wollen und diese schließen wir dann aus. Wir freuen uns aber trotzdem voll über Besuch in unserem Wohnzimmer. Auch wenn die Besucher*innen unsere Vereinbarungen respektieren sollten.
Das hört sich jetzt voll kompliziert und exklusiv an und das ist es auch irgendwie. Unsere Idee war allerdings unsere Wohnzimmerbedürfnisse gleich klar zu äußern und parallel dazu einen offenen Raum zu schaffen, der von vielen einfach so genutzt werden kann.
Diese offener Raum soll interessierten Leuten die Möglichkeit geben an diesem Projekt mit zu wirken. Das heißt eine Fläche, die bisher ungenutzt war kann jetzt mit euren Ideen gefüllt werden. Dabei legt ihr als Nutzer*innen der Fläche die Regel fest die hier gelten sollen. Das heißt alle sind sehr eingeladen hier her zu kommen und an dem neuen Raum teilzuhaben. Naja und es sind dann auch alle Nutzer*innen für den Raum verantwortlich. Es ist natürlich so, dass es schon ein bisschen Infrastruktur gibt . Die auch schon eine mehr oder weniger eingegrenzte Funktion hat. Aber die soll verhandelbar sein. Welche Infrastruktur das ist und was mensch da bisher machen kann steht auch hier in diesem Heft.
Der offene Raum soll eine erkennbare Grenze zum oben beschriebenen Wohnzimmer haben. Das kann eine räumliche oder zeitliche Abgrenzung sein. Die Idee dahinter ist, den Nutzer*innen des offenen Raums das Gefühl zu nehmen immer in den intimen Bereiche der Bewohnis zu tappsen und für die Bewohnis ist es leichter Kontrolle abzugeben und sich bei Bedarf zurück zu ziehen.
Es gibt natürlich eine Nähe zum besagten Wohnzimmer und dadurch auch eventuell einen größeren Einfluss die Bewohnis. Der soll aber nach Möglichkeit hinterfragt und von Leuten die von außen kommen kritisiert werden. Dafür ist eventuell ein Raum wie ein Plenum gut geeignet.
Diese Text versuchen unter anderem auch einen Vorwurf zu bearbeiten. Das ist ein Vorwurf den wir uns auch selber machen. Dabei geht es um das Einzäunen einer Fläche die vorher vom Prinzip allen zugänglich war. Diese Fläche beanspruchen wir als unser Wohnzimmer und verwehren manchen Leuten den Zugang dazu. Der Konflikt zwischen einem Kampf um eine befreite Gesellschaft und dem Verschließen unseres Wohnzimmers wird wohl nicht zu lösen sein. Aber wir können ja anfangen mit verschiedenen Ideen dazu zu experimentieren um zu sehen was plötzlich alles Möglich ist.