redebeitrag von der demo #wagenleben 28.09.18 in leipzig / english below

[english below]

Rhizomia ist ein besetzter anarchafeministischer wagenplatz im osten von leipzig.

Wir sind teil dieser demo, weil es uns wichtig ist, dass leute in dieser stadt leben koennen, wo und wie sie wollen, und nicht von den kapitalistischen verhaeltnissen, lgbt-feindlichen patriarchalen strukturen oder rassismus daran gehindert werden.

Wir sind anarchist*innen, weil wir es als unsere verantwortung ansehen, diskriminierende strukturen zu bekaempfen und herrschaftsverhaeltnisse anzugreifen – auch die in unseren koepfen.

Wir leben auf einem wagenplatz wegen unserem wunsch nach unabhaengigkeit von hierarchien, die uns in den haeusern immer wieder begegnen. Haeuser haben eigentuemer*innen, sie entsprechen normen und gehorchen regeln, auf die wir keinen einfluss nehmen koennen. Wir wollen unsere infrastruktur selbst bauen, um zu verstehen, wie sie funktioniert, damit wir endlich unser leben selbstbestimmt gestalten koennen.

Das gelaende, auf dem wir leben und unsere strukturen aufbauen, war ein seit ueber 30 jahren leerstehendes bahngelaende. Vor vier jahren wurde es besetzt, um einen platz zu schaffen, an dem menschen nicht nur leben, sondern auch werkstaetten und bueros nutzen, sich treffen und politisch aktiv sein koennen – also ein raum geoeffnet fuer alle, die sich emanzipatorisch, kollektiv und hierarchiefrei organisieren wollen. Wir teilen unsere faehigkeiten und unser wissen, um hierarchien abzubauen, auf denen der kapitalismus basiert.

Besetzen ist fuer uns eine emazipatorische handlung, die es ermoeglicht, leerstehende raeume und flaechen nach den eigenen beduerfnissen zu gestalten. Wir solidarisieren uns mit allen anderen gruppen und individuen, die sich ebenfalls selbst ermaechtigen und sich raeume neu aneigenen und fuellen.

Was bedeutet es, als queere person auf einem wagenplatz zu leben? Die homo- und transfeindlichkeit, die uns bei der wohnungssuche begegnet und gegen die wir uns wegen der machtverhaeltnisse in diesen situationen nicht wehren koennen, verschwindet nicht einfach, wenn wir uns entscheiden, im wagen zu leben. Weil wir alle mit queerfeindlichen vorurteilen aufgewachsen sind, haben wir sie verinnerlicht und merken oft gar nicht, dass wir nach ihnen handeln. Das passiert genauso in linken kontexten, weil allein mit dem bekenntnis zu emanzipatorischem handeln noch gar nicht klar gesagt ist, was darunter verstanden wird. Oft ist es nicht genug, patriarchale machtstrukturen anzuerkennen. Wir muessen uns diesen bewusst widersetzen, indem wir den menschen raum geben, die diesen im heteronormativen alltag nicht bekommen.

Rhizomia soll ein ort sein, der sicherer ist fuer queere menschen, wo wir ernst genommen werden und es nicht unsere aufgabe ist, uns immer wieder zu erklaeren. Und das soll auf andere orte um uns herum abfaerben, denn es reicht uns nicht, uns an einem kleinen teil der gesellschaftlichen ungerechtigkeit abzuarbeiten. Wir wollen teil von einem solidarischen zusammenhang sein und gemeinsam ein groszes, vielfaeltiges netzwerk bilden.

Wir sind nicht nur die leute, die auf rhizomia wohnen, sondern auch die, die dort ihre zeit verbringen und fuer die rhizomia ein teil ihres alltags ist. Wir gestalten damit einen alltag, in dem wir moeglichst wenig hierarchien haben und in dem wir uns aufeinander beziehen und fuereinander da sind.

Aber weil dieser wichtige teil unseres leben auf einer besetzung stattfindet, sind wir nie frei von repression. Es ist eine besondere perspektive, zu wissen, dass einem jederzeit der eigene wohnraum, das eigene zimmer gnommen werden kann. Wir leben von der unterstuetzung, die ihr uns gebt und die wir uns gegenseitig geben.

Aber wenn man ein rhizom teilt, leben beide teile als eigenstaendige wurzeln weiter. Wenn sie uns angreifen, werden wir mehr. Jeden tag, der uns weiter mit faschisten und rassisten konfrontiert, bilden wir neue triebe. Wenn sie uns zerschlagen, werden wir ueberall sein.

 

[english]

Rhizomia is a squatted arnacha-queer-feminist trailer-park in the east of leipzig.

We are part of this demonstration because it’s important for us that people in this city can live wherever and however they want without being prevented from the capitalist, anti-lgbt, patriarchal and racist structures we live in.

We are anarchists as we find ourselves responsible to fight discriminating structures and the hierarchic power-relations – also the ones in our own minds.

The reason why we live in a trailer is our wish for independence from hierarchies that we tend to find in houses. Houses belong to owners, they conform to standards and obey rules on which we can’t exert influence. We want to build our own infrastructure in order to understand how they work so that we can finally shape our lives in a self-determined way.

The area where we live and organise ourselves used to be a railway property vacant for more than 30 years. Four years ago it was squatted in order to create a space where people can not only live in, but also build, use workshops and offices, meet and be politically active- a room open to everybody who wants to organise themselves in an emancipatory collective way. We share our skills and knowledge in order to reduce the hierarchies that capitalism is based upon.

For us squatting is an emancipatory act which enables us to shape vacant rooms and areas according to our own needs. We show our solidarity with all groups and individuals who likewise empower themselves, adapt and fill new rooms.

What does it mean to live on a trailer-park as a queer person? Homo- and transphobia that we face in the process of searching for flats and houses doesn’t just disappear after having decided to live on a trailer-park. Since we’ve all grown up influenced by homo- and transphobic prejudices, we’ve internalised them and often don‘t even realise that we act upon them. That’s what happens in lefty context, since simply the commitment to emancipatory behaviour doesn’t clarify what it actually means in practice. It is often not enough to just acknowledge the existing power of patriarchal structures. Moreover, we need to consciously resist them by giving space to people who wouldn’t necessarily get it within the heteronormative daily life.

Rhizomia is supposed to be a secure place for queer people, where we feel taken seriously and don’t see it as our task to always have to explain ourselves. We want this to spread to other places around us because it is not enough to just take down a small bit of the social injustice. We want to be part of a solidary community in order to build up a big multifaceted network.

We are not only the people who live on rhizomia but we’re also the ones who spend their time there and for whom rhizomia became part of their daily life. We’re shaping this daily life by having as little hierarchies as possible, referring to and being there for each other.

Since this important part of us is taking place on a squatted area we’re never free from repression. It is a special prospect to know that your room could be taken away from you at any anytime. That’s why we are in need of support – the one we give to each other but also the one you offer to us.

But dividing a rhizome leads to two independent roots that are alive. If they attack us, we become more. Every day, whilst facing fascists and racists we‘re shaping new sprouts. If they smash us we‘re going to be everywhere!